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Welpenbummler

The blog formerly known as »Getürmt nach Hanoi«

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Happy funeral everybody (except for the water buffalos, sorry!)

Mo, 1.8.2022, Tana Toraja, Sulawesi: What a day!

Mr Ino, der eigentlich Martinus heißt, holte uns um 9:00 nach dem Frühstück ab und wir rollerten (nach einem kurzen Tankstopp) auf einer der wieder ziemlich holperigen Schlaglochsammlung, die hin und wieder von Asphalt unterbrochen wird, nach Norden zum Objek Wisata Kalimbuang Bori, ein weiterer, seit über 300 Jahren immer noch aktiv genutzter Felsen-Friedhof, bestehend aus großen Felsbroken, in die Gräber gehauen wurden, hübsch mit einer Tür, manchmal mit einer verrottenden Büffelkopf-Nachbildung, manchmal auch mit einem Foto und der Handtasche der Verstorbenen.

Besonders an diesem Ort ist, dass hier auch gut 100 unterschiedlich große Menhire stehen, die für die Toten der höchsten Kaste errichtet wurden (also wenn mehr als 24 Büffel für die Beerdigung geopfert werden, sowas zählt hier!).

Der nächste Stopp, wieder etwas näher an Rantepao, war interessanterweise die Beerdigung, der wir schon am ersten Tag auf eigene Faust einen Besuch abgestattet haben. Inzwischen war man dort sehr fleißig: der ganze Platz sah buchstäblich aus, wie ein Schlachtfeld: bestimmt mindestens 5 tote Büffel wurden gerade nicht sehr zimperlich von einigen Männern mit Messern an langen Stielen in Stücke gehackt. Es roch nach Blut und halbverdautem Gras aus den Mägen der Tiere. Ein Ansager kommentierte das Gemetzel (und die Verteilung der einzelnen Teile) laut per Mikrofon.

Uns wurden ein paar Plätze in einer Ecke des Platzes zugewiesen. Nach etwa einer Viertelstunde brachte uns einer der Ausrichter der Beerdigung (erkennbar an der hellen Tracht) mit den Worten »Sorry, I am late!« ein Tablett mit Gläsern und Tee/Kaffeekannen. Sehr nett!

Mr. Ino empfahl uns dann, in Kürze weiter zu der anderen Beerdingung zu fahren, weil man jetzt bald beten werde und es unhöflich ist, genau dann aufzubrechen.

Nur ein paar Minuten weiter fand eine deutlich größere Beerdingung statt, die Familie hatte offenbar Kohle für diesen Aufwand (zumindest hatte sie vor dieser Veranstaltung noch welche).

Der ganze mit Tongkanon gesäumte Platz war zwischen den Häusern mit schicken kleinen Bambus-Logen ausgebaut, die nummeriert waren und den Gästen zugeteilt wurden. Wir übergaben bei Ankunft eine Stange Zigaretten, wie es hier Sitte ist und landeten mit zwei Japanerinnen und ihrem weiblichen Guide Ritha in einer Loge in der Ecke. Auch hier wurden alle Gäste, geladen oder nicht, erst mit Tee/Kaffee und Süßigkeiten (u.a. diese sehr leckeren Hundewürste aus Sesam, Zucker und Ingwer), später dann auch noch Mittag mit Reis und einer Auswahl aus Schwein mit Sojasauce, Schwein mit einem Spinatähnlichen Gemüse oder gebratenem Tofu. Statt Teller gab es ein zu einer Schaufel gefaltetes, gewachstes Blatt braunes Papier, mit dem man alles in der linken Hand halten konnte, während man mit den Fingern der rechten Hand das leckere Essen in sich reinstopft. Sehr einfach, aber praktisch!

Auf dem Platz wurde währenddessen der in einem kleinen Haus stehende Sarg in einem Tragegitter aus Bambus präpariert, das Tao-Tao der Verstorbenen wurde auf einen kleinen Pritschenwagen gesetzt und ein paar Frauen in brauner Tracht fingen an, auf einer hölzernen Wanne, die zum Stampfen oder Dreschen von Reis verwendet wird, einen lauten Rhythmus zu schlagen. Der Umzug mit dem Sarg sollte beginnen, der Sarg wurde – noch ohne Dach – auf die Straße getragen.

Vor dem Eingangstor dieses Platzes wurde das wie ein Tongkanon aussehende Dach auf der Sarg-Tragekonstruktion befestigt und der Zug setzte sich auf der Straße in Bewegung. Erst ein paar Tänzer in Kampf-Trachten, dann der Tao-Tao, dann ein wichtiger Mensch mit einem Megafon, der die Kommandos gab, dann der Sarg. Und hinten dran eine Reihe von Frauen, die alle ein langes rotes Tuch hochhielten, welches am Sarg befestigt war.

Alle paar Meter musste der Zug dann wieder anhalten, weil die Konstruktion zu hoch für die kreuz und quer über die Straße hängenden Stromleitungen ist. Also mussten die ohnehin schon brüchigen Kabel mit Bambusstangen aus dem Weg gehievt werden.

Der fröhlichen Stimmung taten diese Unterbrechungen keinen Abbruch, im Gegenteil: Jeder Teilerfolg im Kampf gegen die Stromleitungen wurde mit Jubeln quittiert. Überhaupt war das hier ein spaßiges Fest für alle Beteiligten, alle waren entspannt und ausgelassen, die Prozession ein großer Spaß, ständig wurden Fotos gemacht und gefilmt (auch ein Team von Arte 360° war anwesend und schleppte Kameras und Drohnen die ganze Zeit hin- und her, um die besten Aufnahmen zu bekommen.)

An einem Kongkanon der Familie wurde angehalten, ein fröhliches Familienfoto mit Sarg gemacht und die Träger bekamen eine Dose Bintang-Bier. Anschließend wurde der Sarg einen kleinen matschigen Weg durch ein Waldstück getragen. Irgendwann ging es wieder auf die sehr bergige Straße, rauf und runter, bis wir alle nach zwei Stunden wieder am Ausgangspunkt angekommen waren.

Hier übernahm jetzt ein sehr jung aussehender, aber dafür um so energischerer Zeremonienmeister das Mikro und bellte seine Geschichten in die auf 11 aufgedrehte Lautsprecheranlage. Es wurde die Tragekonstruktion vom Sarg wieder entfernt und letzterer die Rampe hoch auf den überdachten kleinen Turm gehievt.

Inzwischen waren einige Tiere auf den Platz geholt worden, ein Schwein, ein Reh, eine Ziege und auch zwei Wasserbüffel.

Nach einer weiteren Ansage hielt jemand dem angeleinten Büffel den Kopf hoch und schlug ihm mit einer Machete einen tiefen Schnitt in die Kehle. Das Tier sprang dann leider eine ganze Weile blutend in Panik herum, warf dabei das Reh um, stolperte, rappelte sich wieder auf und bekam vom Schlachter noch einen weiteren Schnitt verpasst. Trotz der Verletzungen dauerte es doch leider eine ganze Weile, bis es zusammenklappte und sich nicht mehr aufbäumte. Kein sehr schöner Anblick, aber das Opfern von Tieren ist für diese Zeremonie leider sehr wichtig. Bis zu 24 Büffel sind maximal pro Beerdigung erlaubt. Die Hörner werden dann an langen Säulen des Hauses präsentiert.

Das gleiche wurde auch noch mit dem zweiten Büffel durchgeführt, der dann aber etwas schneller starb. Das Publikum hat sich das ganze fast ohne laute Reaktionen angesehen, ein Raunen ging vor allem beim Herumspringen des verletzten ersten Büffels durch die Runde.

Die Tiere lagen nur ein paar Minuten auf dem Platz, als schon weitere Leute mit Messern kamen und anfingen, die Tiere zu zerlegen.

Wir sind dann auch langsam gegangen und zu einem kleinen Restaurant mitten in einem Reisfeld gefahren, haben dort ein paar Snacks und Eistee zu uns genommen und uns von unserem sehr netten und informativen Guide verabschiedet und waren froh, dass er nicht uns nicht als weiteres Opfer angeboten hat.


Kommentare (4)

  1. sister:
    2022-08-01 um 19:18

    Oha...also Happy Kadaver....

    Hoffentlich hab Ihr wenigstens die guten Loki&Helmut-Menthol-Zigaretten übergeben.

    ...und so ein Salat am Abend ist nach dem Schlachten... wohl ganz oben auf der Wunschliste.

  2. AWW:
    2022-08-01 um 21:14

    Hatte der Guide in weiser Voraussicht die Zigaretten mitgenommen, oder hat der kleine Hund sich in Ermangelung anderer Dinge sich den Rucksack sowieso mit Flüppchen vollgestopft, sodaß Ihr Euch daraus jederzeit bedienen könnt?

  3. Polyesther:
    2022-08-02 um 01:07

    Der Guide hat die Zigaretten besorgt. Der weiß ja schließlich was sich gehört.

  4. Polyesther:
    2022-08-02 um 01:07

    Der Guide hat die Zigaretten besorgt. Der weiß ja schließlich was sich gehört.


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